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Würzburg: Missbrauchsgutachten vorgestellt

Topnews
08.04.2025, 16:30 Uhr in Lokales
Vorstellung Missbrauchsgutachten
Foto: Funkhaus Würzburg

Zu lange wurde weggesehen und Machtmissbrauch zugelassen – jetzt soll ein Gutachten über Missbrauchstaten an Kindern und Jugendlichen im Bistum Würzburg Licht ins Dunkel bringen. Am Dienstagnachmittag wurde die Studie vorgestellt, die die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Würzburg Ende 2022 in Auftrag gegeben hat.

Das Ergebnis des Gutachtens: 226 Betroffene, 51 Beschuldigte und 449 aktenkundige Taten im Zeitraum zwischen 1945 und 2019. Die Dunkelziffer dürfte aber deutlich größer sein. Schätzungsweise waren es der Hochrechnung nach über 3.000 Taten.

Die meisten Opfer waren Mädchen, unter anderem missbraucht im Religionsunterricht, so das Gutachten. Die Opfer waren im Schnitt 9,6 Jahre alt. Bei den Beschuldigten handelt es sich größtenteils um Amtsträger in der katholischen Kirche. Rechtskräftig verurteilt wurden nur wenige.

Dem Bistum wurden die mutmaßlichen Übergriffe durchschnittlich 25,7 Jahre nach der Tat bekannt. Keiner der Fälle könne mehr bestraft werden.

Vom Schutz der Kirche hin zur Kultur des Hinsehens

Bis Anfang der 2.000er Jahre wurde systematisch weggesehen, so das Gutachten. Der Schutz der Institution Kirche stand an oberster Stelle. Betroffene wurden zurückgewiesen, nicht wirklich angehört. Danach der Wendepunkt: Laut Gutachten entwickelte sich langsam eine Kultur des Hinschauens.

Empfehlung an Bischof Jung

Nach Ansicht der Unabhängigen Kommission habe das Bistum bereits einige Präventionsmaßnahmen durchgesetzt – aber es gebe weiteren Handlungsbedarf. Es brauche mehr Personal, um Konzepte zu Verhinderung von Missbrauch weiterzuentwickeln und außerdem regelmäßige Schulungen. Außerdem sollten auch Ehrenamtliche vom Bistum eingebunden werden – es gebe keine Erfassung, welche und wie viele Personen ehrenamtlich im Bistum eingebunden sind.

Schmerzlicher Tag für Bischof Jung

Bischof Franz Jung spricht als Reaktion auf das Gutachten von einem schmerzlichen Tag. Er bitte um Entschuldigung für die Jahre der Untätigkeit der Kirche. Am Montag möchte er sich ausführlich zu der Missbrauchsstudie äußern.

Das Gutachten

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Würzburg hatte Ende 2022 einen Gutachter in Wiesbaden beauftragt. Für die Studie wurden hunderte Akten eingesehen, ferner wurden Betroffene befragt. Durch ein Hinweisgebersystem im Internet konnten bisher nicht bekannte mutmaßliche Missbrauchshandlungen anonymisiert mitgeteilt werden. Es war eine Herkulesaufgabe, so der Gutachter.