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Schmerzensgeld bei Unfällen in öffentlichen Gebäuden: Wer haftet?

11.10.2024, 10:08 Uhr in Service, Anzeige
Unfall Mann Verletzt pixabay
Foto: pixabay.com

Schmerzensgeld ist ein zivilrechtlicher Anspruch, der dem Geschädigten für immaterielle Schäden, wie Schmerzen oder Beeinträchtigungen, zusteht. Dieser Schadenersatz dient nicht dem Ausgleich von materiellen Schäden, sondern soll eine Entschädigung für körperliche oder seelische Leiden sein. Die rechtliche Grundlage findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere in § 253, der das Recht auf Schmerzensgeld für immaterielle Schäden festlegt. In der Praxis ist das Schmerzensgeld eine bedeutende Komponente bei der Regulierung von Unfällen, bei denen die körperliche oder psychische Integrität einer Person verletzt wurde.

Unfälle in öffentlichen Gebäuden, wie beispielsweise Schulen, Behörden, Bahnhöfen oder Krankenhäusern, kommen häufiger vor, als man erwarten könnte. Rutschige Böden, unzureichend gesicherte Treppen oder bauliche Mängel können leicht zu Verletzungen führen. Solche Vorfälle sind nicht nur unangenehm für die Betroffenen, sondern werfen auch haftungsrechtliche Fragen auf. Wer trägt die Verantwortung für den Unfall?

Wie Dr. C. Meisl, Anwalt für Schmerzensgeld, erklärt, kommt es deshalb oft zur Frage, ob und wie viel Schmerzensgeld Geschädigten zusteht. Diese Fragen sind von großer Bedeutung, da öffentliche Gebäude häufig stark frequentiert werden und somit ein erhöhtes Unfallrisiko besteht. Durch die Vielzahl an Nutzern steigt die Wahrscheinlichkeit von Unfällen, die durch unzureichende Sicherheitsmaßnahmen verursacht werden können. Dies macht die rechtliche Klärung der Haftungsfrage bei Unfällen in solchen Einrichtungen besonders relevant.

Wer haftet? Verantwortlichkeit der Betreiber bei Unfällen in öffentlichen Gebäuden

Als Betreiber öffentlicher Gebäude gelten in der Regel die Eigentümer, Mieter oder Pächter, die die Verantwortung für den Betrieb und die Instandhaltung des Gebäudes tragen. Die Haftung dieser Betreiber greift dann, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Unfall auf eine Vernachlässigung ihrer Pflichten zurückzuführen ist. Eine zentrale Pflicht in diesem Zusammenhang ist die sogenannte Verkehrssicherungspflicht.

Die Verkehrssicherungspflicht bedeutet, dass der Betreiber dafür sorgen muss, dass Gefahrenquellen in öffentlichen Gebäuden, die Dritte gefährden könnten, entweder beseitigt oder hinreichend gesichert werden. Das betrifft unter anderem die regelmäßige Wartung von Einrichtungen sowie die Kontrolle von Wegen, Treppen oder technischen Anlagen. Kommt der Betreiber dieser Pflicht nicht nach und wird eine Person durch eine vermeidbare Gefahr verletzt, so haftet der Betreiber für den entstandenen Schaden und kann zur Zahlung von Schmerzensgeld verpflichtet werden.

Typische Unfallszenarien in öffentlichen Gebäuden

In öffentlichen Gebäuden kommt es immer wieder zu Unfällen, die auf verschiedene Gefahrenquellen zurückzuführen sind. Drei konkrete Urteile aus der Rechtsprechung verdeutlichen typische Fälle, in denen Betreiber zur Verantwortung gezogen wurden.

  • Oberlandesgericht Frankfurt, Az. 1 U 71/23: In diesem Fall stürzte eine Besucherin eines öffentlichen Gebäudes auf einem nassen Boden, der nach einer Reinigung nicht ordnungsgemäß gesichert war. Die Geschädigte erlitt dabei eine schwere Prellung am Hüftbereich und mehrere Schürfwunden. Das Gericht entschied, dass der Betreiber der Einrichtung die notwendige Sicherungspflicht verletzt hatte und verurteilte ihn zur Zahlung von 4.000 Euro Schmerzensgeld.
  • Oberlandesgericht Brandenburg, Az. 2 U 11/23: Ein weiteres Urteil befasst sich mit einem Sturz auf einer schlecht beleuchteten Treppe in einem öffentlichen Gebäude. Der Kläger erlitt bei dem Sturz eine Fraktur des Sprunggelenks und eine starke Prellung am Arm. Aufgrund der unzureichenden Beleuchtung wurde der Betreiber des Gebäudes für schuldig befunden und zu einem Schmerzensgeld von 7.500 Euro verurteilt.
  • Landgericht München I, Az. 19 O 1537/23: In einem Fall vor dem Landgericht München stürzte ein Mann aufgrund einer beschädigten Treppenstufe, die seit längerem nicht repariert worden war. Der Betroffene erlitt eine komplizierte Handgelenksfraktur, die operativ behandelt werden musste. Das Gericht entschied, dass der Betreiber des Gebäudes für die mangelnde Instandhaltung verantwortlich war und sprach dem Kläger 10.000 Euro Schmerzensgeld zu.

Schmerzensgeld: Welche Nachweise muss der Geschädigte erbringen?

Um einen Anspruch auf Schmerzensgeld geltend machen zu können, muss der Geschädigte verschiedene Voraussetzungen erfüllen. Zentral ist der Nachweis, dass der Unfall durch eine Handlung oder Unterlassung des Betreibers verursacht wurde, der die Verantwortung für das öffentliche Gebäude trägt. Dies setzt voraus, dass eine konkrete Pflichtverletzung oder eine andere Form der Sorgfaltswidrigkeit vorliegt. Nur wenn diese nachgewiesen werden kann, besteht die Möglichkeit, Schmerzensgeld zu erhalten.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Grad der Schuld des Betreibers. Hier spielt die Unterscheidung zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz eine wesentliche Rolle. Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Betreiber es versäumt hat, die notwendige Sorgfalt walten zu lassen, und dadurch die Gefährdung Dritter verursacht wurde. Vorsätzliches Handeln hingegen bedeutet, dass der Betreiber bewusst eine Gefahr herbeigeführt oder in Kauf genommen hat. In beiden Fällen kann der Geschädigte Ansprüche auf Schmerzensgeld erheben, wobei vorsätzliches Handeln zu höheren Entschädigungen führen kann.

Schmerzensgeldforderungen: Kommunen, Länder und private Betreiber als Anspruchsgegner

Bei Unfällen in öffentlichen Gebäuden können unterschiedliche Anspruchsgegner für Schadensersatz und Schmerzensgeld haftbar gemacht werden. Dies hängt davon ab, wer die Verantwortung für das Gebäude trägt. Zu den möglichen Anspruchsgegnern zählen sowohl staatliche als auch private Betreiber.

Wenn ein Unfall in einem öffentlichen Gebäude passiert, das von einer Kommune, einem Land oder dem Bund betrieben wird, kann die jeweilige staatliche Institution haftbar gemacht werden. Kommunen sind in der Regel für kommunale Einrichtungen wie Schulen, Sporthallen oder Verwaltungsgebäude verantwortlich. Für landeseigene Gebäude wie Universitäten oder Gerichtsgebäude sind die Länder zuständig, während der Bund beispielsweise für Bundesbehörden oder militärische Einrichtungen haftet. In allen Fällen greift die Haftung, wenn eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nachgewiesen werden kann. Diese Institutionen haften dann für Versäumnisse bei der Sicherung des Gebäudes, etwa bei mangelhaften Wartungsarbeiten oder der Vernachlässigung von Sicherheitsmaßnahmen.

Wie die Experten von Wirtschaftsnavigator erklären, können auch private Betreiber haftbar gemacht werden, wenn in ihren öffentlich zugänglichen Gebäuden ein Unfall passiert. Hierzu zählen Einkaufszentren, Museen, Theater oder auch private Kliniken und Sportanlagen. Private Betreiber sind ebenso verpflichtet, ihre Verkehrssicherungspflichten zu erfüllen, das heißt, Gefahrenquellen zu beseitigen oder durch entsprechende Maßnahmen abzusichern. Wenn ein Unfall auf ein Verschulden des Betreibers, wie z.B. durch unzureichende Sicherheitsvorkehrungen, zurückzuführen ist, kann der Geschädigte Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld erheben.

Anspruch auf Schmerzensgeld: Schritte zur Durchsetzung und Regulierung

Bei der Regulierung von Schmerzensgeldansprüchen nach Unfällen in öffentlichen Gebäuden spielt die Ermittlung der Schmerzensgeldhöhe sowie die Durchsetzung des Anspruchs eine zentrale Rolle. Dabei gibt es verschiedene Faktoren, die berücksichtigt werden müssen.

  • Ermittlung der Schmerzensgeldhöhe: Die Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich nach mehreren Faktoren. Maßgeblich ist das Ausmaß der Verletzung, die Dauer der Beeinträchtigung sowie die langfristigen Folgen für den Geschädigten. Auch die Schwere des Verschuldens des Verantwortlichen sowie die persönlichen Umstände des Geschädigten können eine Rolle spielen. Gerichte orientieren sich oft an früheren Urteilen, um eine angemessene Entschädigung festzulegen. Es existieren sogenannte Schmerzensgeldtabellen, die einen Überblick über die in der Rechtsprechung üblichen Beträge geben. Diese Tabellen dienen jedoch nur als Richtwerte, da jeder Fall individuell bewertet wird.
  • Schritte zur Durchsetzung des Anspruchs: Um den Anspruch auf Schmerzensgeld erfolgreich durchzusetzen, sind mehrere Schritte notwendig. Zunächst sollte der Geschädigte den Vorfall dem Betreiber des Gebäudes melden, der in vielen Fällen eine Haftpflichtversicherung hat. Diese Versicherung prüft den Sachverhalt und klärt, ob eine Entschädigungszahlung gerechtfertigt ist. Kommt es zu keiner außergerichtlichen Einigung, besteht die Möglichkeit, den Anspruch gerichtlich durchzusetzen. Dazu muss der Geschädigte eine Klage beim zuständigen Zivilgericht einreichen. In der Regel wird in solchen Verfahren ein Gutachten erstellt, das den Hergang des Unfalls und die Verletzungen analysiert. Der Kläger muss darlegen, dass der Betreiber seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat und der Unfall auf dieses Versäumnis zurückzuführen ist. Sollte der Fall erfolgreich abgeschlossen werden, legt das Gericht die Höhe des Schmerzensgeldes fest.

Fazit: Haftung und Prävention bei Unfällen in öffentlichen Gebäuden

Bei Unfällen in öffentlichen Gebäuden tragen Betreiber die Verantwortung, wenn sie ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht nachkommen. Dabei haften sowohl staatliche Einrichtungen, wie Kommunen, Länder oder der Bund, als auch private Betreiber von öffentlich zugänglichen Gebäuden, wenn durch Fahrlässigkeit oder vorsätzliches Handeln ein Unfall verursacht wird. Die Haftung greift insbesondere dann, wenn der Geschädigte nachweisen kann, dass der Unfall auf eine vermeidbare Gefahrenquelle zurückzuführen ist.

Für Unfallopfer ist es ratsam, den Vorfall möglichst umgehend zu dokumentieren und den Betreiber des Gebäudes zu informieren. Dies umfasst das Festhalten von Beweisen wie Fotos oder Zeugenangaben. So können Ansprüche auf Schmerzensgeld entweder durch die Haftpflichtversicherung des Betreibers oder im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens durchgesetzt werden.

Betreibern öffentlicher Gebäude wird empfohlen, regelmäßige Sicherheitskontrollen durchzuführen und präventive Maßnahmen zu ergreifen, um mögliche Gefahrenquellen rechtzeitig zu beseitigen. Dies umfasst insbesondere die Wartung von Treppen, Beleuchtung und Böden sowie die klare Kennzeichnung von Gefahrenstellen. Durch vorbeugende Maßnahmen lassen sich Unfälle vermeiden und rechtliche Konsequenzen minimieren.