Sickershausen: Ortsrufanlage gehört fest dazu
Immer donnerstags um 18 Uhr knackt es im Kitzinger Stadtteil Sickershausen kurz, bevor Marschmusik durch die Straßen schallt. Sie kommt aus 49 Lautsprechern an Hausgiebeln und Straßenlaternen. Und dann ertönt eine Stimme: „Bekanntgabe!“ Über die Ortsrufanlage werden die Leute über wichtige Meldungen aus dem Ort informiert, und das schon seit 1966. Früher waren solche Anlagen weit verbreitet, doch heute sind in Mainfranken nur noch ein paar aktiv.
Gerd Pfau macht die Durchsagen ehrenamtlich
Als in Mainfranken nach dem Krieg TV und Radio noch nicht weit verbreitet waren, waren die Anlagen sehr gefragt. So konnten Mitteilungen schnell weitergegeben werden.
Damals waren die Durchsagen die Aufgabe des Gemeindeschreibers, doch heute sendet Gerd Pfau zusammen mit seiner Frau Elke ehrenamtlich vom Alten Rathaus aus.
2008 hat sich Pfau dieser Aufgabe angenommen, weil er die Anlage erhalten will. Viele Lautsprecher sowie die Sendeanlage sind noch original. Vor jeder Durchsage ertönt der "Tölzer Schützenmarsch", damit die Leute aufmerksam werden.
Ortsrufanlage ist immer noch modern
Für die Einwohner von Sickershausen ist die Anlage immer noch wichtig. Im Ort gibt es viele ältere Menschen, die keine Mails oder Chats benutzen.
Über die Anlage sind sie sehr schnell informiert, und nach der Durchsage gibt es oft ein Pläuschchen über die Nachrichten.
Wer die Meldungen verpasst, der kann sie trotzdem im Internet nachlesen. Denn Gerd Pfau hat eine Webseite eingerichtet, auf der alle verlesenen Texte einsehbar sind. Weitere Anlagen gibt es noch in Stammheim am main und in Wipfeld im Landkreis Schweinfurt.
Fotos: Funkhaus Würzburg
Kurioseste Durchsage: Das verlorene Gebiss
Meistens laden Vereine zu Sitzungen oder Veranstaltungen ein, aber es
gibt auch immer wieder kuriose Durchsagen. Die können nicht bis
Donnerstag warten.
So hat zum Beispiel einmal ein Mann seine
Zahnprothese verloren, als er in einem örtlichen Biergarten etwas zu
tief ins Glas geschaut hat.
Dabei ist ihm das künstliche Gebiss ins Gras gefallen, und Gerd Pfau musste das Unglück über die Ortsrufanlage bekanntgeben. Dadurch wurde das Gebiss wieder gefunden.
Ortsrufanlage könnte immaterielles Kulturerbe werden
Auch im Schwarzwald gibt es Ortsrufanlagen. Dort haben sich im
November 2022 vier Gemeinden zusammengeschlossen und ihre Anlagen bei
der UNESCO als immaterielles Kulturerbe zur Bewerbung eingereicht.
„Das haben wir auch schon mal probiert“, sagt Gerd Pfau. Damals hat es nicht geklappt. Sollte es aber bei den Schwarzwäldern funktionieren, würde die Listung als Kulturerbe auch für die Sickershausener Ortsrufanlage gelten. Wir drücken die Daumen!